Wladimir Putin erklärt im TV-Interview, die Pläne des Westens
Russland zerteilen zu wollen, nur spät realisiert zu haben
2023.12.17: Pavel Zarubin befragt Wladimir Putin zu vormaligen Fehleinschätzungen
Der besagte Auszug aus dem Interview mit dem TV-Kanal «Russia 1»:
[…]
Pavel Zarubin: Ausgehend von dem, was ich gerade gehört habe, hätte man Sie in den 2000-er Jahren als naiven Menschen bezeichnen können?
Wladimir Putin: Ja, auf jeden Fall: Naivität, die war da. Wissen Sie, ich sage Ihnen ganz ehrlich, selbst im Rückblick, trotz der Tatsache, dass ich fast 20 Jahre lang im Sicherheits- und Auslandsgeheimdienst der Sowjetunion gearbeitet habe, trotz der Tatsache, dass ich später stellvertretender Bürgermeister von St. Petersburg, Direktor des FSB, Sekretär des Sicherheitsrates und in der Anfangsphase sogar Vorsitzender der Regierung war, hatte ich immer noch die naive Vorstellung, dass die ganze Welt und vor allem die so genannte zivilisierte Welt, ich spreche jetzt mit absoluter Überzeugung, verstanden hätte, was mit Russland passiert war, [worauf keinerlei Basis auf eine Konfrontation mehr bestand].
Und wenn es etwas Negatives in der Politik der westlichen Länder gegenüber Russland gab, war es offensichtlich Unterstützung für Separatismus und Terrorismus auf russischem Territorium – das habe ich als als Direktor des FSB gesehen. Aber ich war naiv genug anzunehmen, dass dies einer Trägheit ihres Denkens und Handelns geschuldet wäre, weil sie gewohnt wären, gegen die Sowjetunion zu kämpfen und dies so weiterhin taten.
Es gab gewisse Kreise in den Sonderdiensten, in den Medien, wie auch in den politischen Eliten, die darauf konditioniert waren, gegen die Sowjetunion zu kämpfen. Sie hatten Spezialisten für den Kampf gegen die Sowjetunion, die sich so verhielten und nicht woanders hin versetzen ließen. Das war’s – dachte ich und dass dies mit einem jenem Trägheitsmoment zusammenhinge. Das war eine naive Sicht auf die Realitäten, wie sich später herausstellte.
Erst später wurde ich zu 100 Prozent davon überzeugt, dass man nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erst abwarten wollte, um Russland zusammenbrechen zu lassen. Ein solches Land, das für europäische Verhältnisse zu groß war, mit dem größten Territorium der Welt und einer im Vergleich zu anderen europäischen Ländern recht großen Bevölkerung, würde nicht mehr gebraucht:
Man präferierte, Russland in fünf Teile aufzuteilen, wie es Brzezinski, eine bekannte politische Figur in den USA, vorgeschlagen hatte, um die Teile getrennt zu unterjochen und an die Ressourcen zu gelangen. Dies auf Grundlage der Tatsache, dass [nach der Zerschlagung] jeder Teil für sich kein unabhängiges Gewicht und keine unabhängige Stimme mehr besessen hätte und nicht in der Lage gewesen wäre, seine nationalen Interessen so zu verteidigen, wie der vereinte russische Staat.
Zu dieser Erkenntnis und diesem Ansatz bin ich später erst gekommen: Das war ziemlich naiv […]
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Übersetzung aus dem Russischen: UNSER-MITTELEUROPA